/ Die russische Seele ins Sauerland geblasen
Die russische Seele ins Sauerland geblasen
Das an Hohepunkten nun wahrlich nicht arme Blech-blas-Festival hat offenbar immer noch hohere Gipfel: Diesmal wurden die atemlosen Zuhorer durch virtuose Ausubung reiner Blechblas-Magie geradewegs auf die erhabenen 8000er des Himalayas entfuhrt.
Die gewaltige Klangkulisse einer tibetischen "rituellen Prozession" - so der Untertitel der "Voice of Asia" des russischen Komponisten Adil Bestibaev - ist geeignet, alle sonstigen beruhmten Triumph-marsehe in Grund und Boden zu tonen. "Monumental" das scheint der einzig angemessene Ausdruck zu sein, soweit man diesen geradezu hypnotisch wirkenden Vortrag der 12 russischen Zauberkunstler uberhaupt mit Worten beschreiben kann.
Dass das Publikum am Samstagabend in der vollbesetzten Halle der Maschinenfabrik Paul Koster GmbH - im 100 Jubilaumsjahr erstmals Standort für den Sauerland-Herbst - wiederum etwas ganz Ausergewohnliches erwarten wurde, darauf machte schon der Hausherr in seinen herzlichen Begrusungsworten aufmerksam.
Wie auch Medebachs Burgermeister Heinrich Nolte wies er auf die uberzeugende Erfolgsgeschichte des vor acht Jahren iniitierten Festivals hin, die es dem unermudlichen Einsatz und der visionaren Kraft der Veranstalter verdanke.
Unverwechselbar
"Visionare Talente" wurden auch nach der Fanfare des hoffnungsvollen Sauerlander Blechblasnachwuchses beim Pablikum geweckt; mit Mussorgskys unverwechselbaren Klangfarben riefen die russischen Blaser den Zuhorern das Bild einer zarten "Morgendammerung an der Moskwa" vor Augen, die dann unversehens in kraftigere (Farb-) tone umschlagt. Schon mit diesem ersten Stuck liesen die hochqualifizierten Brass-Musiker die Besonderheiten ihres Konnens und ihres. Programms anklingen; abrupte Tempi-Wechsel, starke dynamische Akzentuierungen und die weite Entfaltung der immer wieder Uberraschungen bergenden Klang-Palette des Blechs.
So verwandelte sich das Ensemble bei der Medebacher Welturauffuhrung (!) des von Dan Rager eigens fur Brandt Brass komponierten "State of Mind" in eine auf Hochtouren arbeitende Prazisionsmaschine, die die typischen Rhythmen und Klange modern er Mega-Metropolen produziert.
Von Cafe-Konditorei-Restaurant Pollmann exquisit gestarkt konnten die Zuhorer im zweiten Teil des Abends erleben, wie die "Heiden" der russischen Blechbias-Szene ihren Zauberkoffer immer noch weiter offneten. Vitali Ivanychev, der ensemble-eigene, begnadete Arrangeur, behexte die Ohren mit Flugelhorn und Trompete, "Conferencier" Oleg Abramov "quakte" auf der Posaune die herzerweichende "Romanze eines Frosches". "Brass cats" geisterten auf Samtpfoten durch die Halle und die zweite (!) Medebacher Weltpremiere folgte auf den Fus: "AI the tritones" von Michael Kheifetz, ein Spiel mit dem "Teufelsintervaill" dem allseits gefurchteten Tritonus.
Das alles wurde mit soviel uberbordender Musikalitat, komodiantischem Talent, verspielter Leichtigkeit und geradezu ansteckender Phantasie praseniert, dass das Publikum die nach einem emigrierten deutschen Trompeter benannte Truppe gar nicht mehr wieder gehen lassen mochte: Brandt Brass in Medebach war einfach einsame Spitze!